Engländer radelt alle zwölf WM-Austragungsorte ab

Engländer haben ja durchaus den Ruf, etwas skurril und spleenig zu sein, was auf Andy Smith in jedem Fall zutrifft. Seit Mitte Januar befindet sich der 35-Jährige Fussballfan auf einer Radtour durch Brasilien, die alle zwölf WM-Städte umfasst – eine Strecke von 8000 Kilometern!

Am 17. Januar flog Andy, Spitzname Smudger, von London nach Porto Alegre, der Hauptstadt des südlichsten brasilianischen Bundesstaates Rio Grande do Sul. Ausgangspunkt von Smudger’s Samba Soccer Stadium Cycle Safari, wie er seine Tour de Force nennt und mit dem Stadion Beira-Rio einer von zwölf WM-Austragungsorten.

Am 14. Juni will er in der Amazonas-Hauptstadt Manaus angekommen sein, um das Gruppenspiel von England gegen Italien live im Stadion zu erleben.

„Ich bin ein qualifizierter Bilanzbuchhalter (klingt aufregend, nicht wahr?), was ich aber nicht erfüllend fand“, schreibt er auf seiner Homepage, „so kündigte ich meinen Job, um mein Abenteuer zu planen/vorzubereiten/zu unternehmen. Mein Ziel ist es, dass die neuen Erfahrungen und Kenntnisse, die ich auf diesem Trip sammle, mir eine sinnvollere Karriere bescheren.“

„Seit verkündet wurde, dass die WM 2014 in Brasilien stattfinden würde, wollte ich dort hin“, schreibt der begeisterte Fan seines Heimatclubs Watford FC und der englischen Nationalmannschaft auf seinem Blog.

Dann dachte ich: Gut, wenn ich nach Brasilien fahre, dann will ich länger als zwei Wochen bleiben. Dann dachte ich: Ich werde eine Fahrradtour durch Südamerika machen, bevor das Turnier beginnt. Dann dachte ich: Es dürfte ziemlich heftig sein, einen ganzen Kontinent mit dem Fahrrad abzudecken, vielleicht ist es für den Anfang besser, sich auf eines dieser Riesen-Länder zu beschränken. Dann dachte ich: Jedes auf dem Weg liegende Stadion zu besuchen, wäre eine tolle Route. Dann schaute ich auf diese Webseite – http://www.sportmapworld.com/venues/2014-fifa-world-cup-stadiums/ – und entdeckte, dass es 7500 Meilen sind, um vom Süden bis Norden zu allen Stadien zu fahren, von Porto Alegre bis nach Manaus. Dann dachte ich: Yeah, das ist wirklich weit genug für meine erste eigene Fahrradtour, in einem Land, wo ich noch nie war und dessen Sprache ich nicht spreche.

Die Idee war zwar verrückt, doch immerhin machte sich Andy dann daran, sein Abenteuer gründlich und akribisch vorzubereiten. Am 6. September 2013 war sein letzter Arbeitstag, so hatte er gut vier Monate dafür Zeit.

„In meinem ersten Monat der „Freiheit“ legte ich eine Tabelle an, auf der möglichst alle Dinge aufgelistet werden sollten, die ich zu erledigen hatte, bevor ich im Januar aufbrechen würde“, erzählt er auf seinem Blog, der selbst erst einmal eingerichtet werden musste. Weitere Punkte auf der To-Do-Liste:

  • Die Ausarbeitung der genauen Route,
  • der Kauf eines „unzerstörbaren“ Touren-Fahrrads (Modell Raven des britischen Herstellers Thorn),
  • die Aneignung zumindest rudimentärer Portugiesisch-Kenntnisse,
  • der von Erfolg gekrönte Versuch, Eintrittskarten für die England-Spiele zu bekommen,
  • sowie kleinere Radtouren in seiner englischen Heimat von bis zu 150 Meilen Länge und Höhenunterschieden von 4300 Metern.

Wie es sich für einen am Gemeinwohl orientierten Briten gehört, musste das Ganze noch mit einem guten Zweck verbunden werden. Also wählte er den Förderverein seines Heimatclubs Watford FC sowie die weltbekannte Laureus-Stiftung als karitative Einrichtungen aus, für die er während seiner Radtour Spenden sammelt. Nicht ein Cent bzw. Penny landet in seiner eigenen Tasche!

Am 17. Januar ging es dann endlich los. Inzwischen hat Andy „Smudger“ Smith neben Porto Alegre schon die WM-Austragungsorte Curitiba, São Paulo, Rio de Janeiro, Belo Horizonte, Brasília und Cuiabá hinter sich gelassen – mehr als die Hälfte! Nun befindet er sich gerade auf dem Weg zurück zur Küste nach Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahia. Sein genauer Aufenthalt wird per GPS auf einer Karte angezeigt, die sich ebenfalls auf seinem Blog befindet. Auch über Twitter kann man Andy folgen.

Eine Zusammenfassung der bisherigen Tour bietet dieses Video:

Was er auf seiner Tour so an Ausrüstung mit sich führt, erzählte er einer sprachlosen (vermutlich des Englischen nicht mächtigen…) brasilianischen TV-Reporterin im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro:

Die brasilianischen sowie britischen Medien haben schon einige Notiz von dem sympathischen Kauz genommen. Er selbst filmt viele seiner Eindrücke mit einer auf dem Kopf angebrachten Kamera und veröffentlicht sie auf seinem Vimeo-Kanal, wie zum Beispiel diese Aussenaufnahmen vom Beira-Rio-Stadion in Porto Alegre.

 

Wenn er wie geplant Mitte Mai in Fortaleza ankommt, soll sein Bruder Martin dazu stoßen, mit dem er gemeinsam die 1500 Kilometer bis Belém radeln will. Die Hauptstadt des Bundesstaates Pará ist zwar selbst nicht WM-Stadt, aber Ausgangsort für Schiffstouren entlang des Amazonas bis zur über 5000 Kilometer entfernten Urwald-Metropole Manaus.

Das dürfte die entspannteste Etappe der ganzen Tour werden: In der Hängematte liegen und den Amazonas entlang schippern! Es sei ihm gegönnt! Vielleicht lassen sich die Three Lions ja erweichen und geben ihrem Fan eine Audienz vor Ort…

Die Gruppen für die WM 2014 in Brasilien

3 Gedanken zu „Engländer radelt alle zwölf WM-Austragungsorte ab“

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