Kinder sind so wie sie sind – Gedanken zum #Kindertag

Ich habe auch zwei Kinder: Einen zehnjährigen Sohn und eine fast zehnjährige Tochter. Sie sind nur acht Monate auseinander, weil meine Tochter 2007 als extremes Frühchen auf die Welt kam. Sie leben bei ihrer Mutter in Berlin, zusammen mit einem Stiefvater, der zu einem meiner engsten Freunde geworden ist. Meinen Kindern geht es bestens. Für sie ist jeden Tag Kindertag.

So wirklich bewusst sind sie sich dieses großen Privilegs nicht, praktisch mit goldenen Löffeln aufzuwachsen. Oft denke ich, es wäre für ihre Entwicklung besser, wenn sie nicht in einem solchen Schlaraffenland des Überflusses aufwachsen würden. Aber ich gönne es ihnen freilich von Herzen. Man weiß ja nie, was das Leben noch für einen bereithält. Also sollen sie diesen Luxus auch in vollen Zügen genießen.

Sie sind ja trotzdem nicht von schlechten Eltern. Mein Sohn ist nicht nur wunderschön, sondern ein echter Charmeur, bei dem jedes Frauenherz erweicht. Und dumm ist er auch nicht, sogar ziemlich clever und schlitzohrig.

Meine Tochter ist auch etwas ganz Besonderes. Sie kam – wie schon erwähnt – als extremes Frühchen auf die Welt. Das war in dem Moment ein großer Schock, der unsere kleine Familie vor eine große Herausforderung stellte. Aber wir haben sie gemeistert, mit Gottes Hilfe. Meine Tochter überstand die Strapazen, als wäre nie etwas gewesen und ist das bezaubernste Wesen, das ich mir vorstellen kann! Ein Wunder!

Ich liebe Kinder und habe eine sehr starke Verbindung zu ihnen. Ähnlich wie zu Hunden, meinen Lieblingstieren (womit ich Kinder und Hunde natürlich nicht gleichsetzen will, Gott bewahre…!)

Ich habe so viele unzählige Kinder kennengelernt, aus allen Ecken der Welt, aus allen Nationen und Kulturen.

Und da sind eigentlich alle Kinder gleich, so verschieden sie auch sind.

Kinder sind noch unbeschriebene Blätter, bei denen so komplexe Konzepte wie Kultur, Nation und Herkunft keine Rolle spielen.

Kinder sind wie sie sind. Sie lachen gern, sie weinen schnell, sie spielen gern und machen Krach. Sie denken nicht an morgen und vergessen manches schnell. Sie sind im Grunde völlig unkompliziert und einfach wie sie sind.

Die zwei Jahre, die ich an zwei Berliner Grundschulen als Lehrer gearbeitet habe – einer in Charlottenburg und einer in Neukölln – , habe ich vor allem eines gelernt:

Den Charakter eines Menschen kannst Du nicht ändern!

Kinder sind so, wie sie sind.

Das Erste, was sie lernen müssen, ist, ihren Platz in der Gemeinschaft zu finden und zu lernen, sich zu organisieren.

Schule ist am Ende doch vor allem ein Gruppenerlebnis, das uns bis zum Ende unseres Lebens prägt.

Woran erinnern wir Älteren uns denn nach so vielen Jahren?

Vor allem an einzelne Personen: Mitschüler, Lehrer etc. An besondere Ereignisse: Klassenfahrt, Ausflug, Abschlussfeier, erste Liebe etc.

Einzelne Unterrichtsstunden sowie Unterrichtsstoff dürften in den seltensten Fällen noch erinnert werden. (Kennt jemand eine wissenschaftliche Studie darüber?)

Ich denke, vor diesem Hintergrund sollten alle Bildungsbeflissenen und über Bildung Streitenden kurz innehalten und sich fragen, ob man diese ganze Debatte nicht mal ein wenig runterkochen kann.

Das Wichtigste ist,

  • dass es Schulen gibt,
  • dass sie gut ausgestattet sind,
  • dass alle Beteiligten (Eltern, Lehrer, Schüler, Politik) sich nach ihren Möglichkeiten engagieren und an einem Strang ziehen.

Ich fand es schon als Elternvertreter grotesk, wenn ausgerechnet diejenigen Eltern am meisten Stress verbreiteten, denen ihre Karriere über alles geht und die selbst kaum Zeit mit ihren Blagen verbringen. Nein, die SCHULE soll es richten! Aber wenn es ans Anpacken und Mithelfen geht, dann haben genau diese Eltern keine Zeit!

Vernachlässigung gibt es nicht nur in Hartz-IV-Familien, nein, die gibt es auch in leistungsorientierten, karrieregesteuerten Haushalten!

Man sollte gelassener und weniger dogmatisch an das Thema Schule herangehen.

Wichtig ist, dass Schule nach bestem Wissen und Gewissen die Kinder auf das Leben vorbereitet. Am besten im Verbund mit den Eltern und allen anderen Beteiligten. Pragmatisch gemeinsam an einem Strang ziehen.

Wichtig ist, dass die Politik die Mittel und genügend Personal bereitstellt, um diese vornehme Aufgabe der Gesellschaft bestmöglich zu erfüllen.

Den Rest soll sie getrost den jeweiligen Pädagogen überlassen.

Schule bildet die Schnittmenge der Gesellschaft. Hier bildet sich alles ab und kommt alles zum Vorschein, was die Gesellschaft gerade ausmacht. Wer in die Schulen geht, der versteht, woran es gerade hapert oder was gut funktioniert.

Wir in Deutschland sollten vielleicht auch mal die Kirche im Dorf lassen – bei allen ernsten Problemen, die es gibt und die ich überhaupt nicht kleinreden möchte.

Aber im Vergleich zu den meisten anderen Ländern geht es uns verhältnismäßig gut. Ich muss da nur an Brasilien denken, wo sich von der Ausstattung her in den letzten Jahren zwar viel verbessert hat, aber die Schüler wenig Lernstoff mit ins Leben nehmen. Das öffentliche Schulsystem gibt den Heranwachsenden gerade mal das Nötigste wie Lesen, Schreiben, Rechnen mit, wenn überhaupt.

Natürlich müssen wir hier in Deutschland achtgeben, dass das Niveau nicht weiter sinkt.

Aber am Ende – das war jedenfalls mein Fazit nach zwei Jahren Schuldienstgeht jedes Kind sowieso seinen Weg. Wer wissensdurstig ist, wird sich sein Wissen im Zweifelsfall anderswo aneignen, wenn die Schule es ihm nicht bietet. Und das Faultier wird auch beim besten Lehrer und unter den optimalsten Bedingungen nicht zum Einstein.

Das wurde mir im vergangenen Jahr bei meinem 30-jährigen Abitreffen überdeutlich. Es war verblüffend zu sehen, wie jeder meiner MitschülerInnen vom Charakter her noch immer genau dieselbe Person war! Und wenn man dann erfuhr, was in der Zwischenzeit so aus ihnen geworden war, passte es wie Faust auf Auge! Richtig krass!

Was soll ich dann noch hier, war meine ratlose Frage auf dem Weg zu meinem Klassenraum?

Die „Stoffvermittlung“ steht aus meiner Sicht im Unterricht daher an hinterer Stelle.

Wichtig ist es für die Schüler, sich Techniken und Methoden anzueignen, mit denen sie spezifische Probleme, Aufgaben, Fragen lösen und beantworten können.

Einen Überblick darüber zu bekommen, was ein Fachgebiet alles umfasst.

Aber das Wichtigste ist, zu lernen, sich als Klassengemeinschaft und Schulgemeinschaft zu organisieren. Aufgaben zu verteilen. Verantwortung zu übernehmen. Das Schulleben aktiv mitzugestalten. Und zwar derart, dass die Kinder gar nicht merken, dass sie eigentlich gerade etwas lernen.

In diesem Sinne: Einen fröhlichen und glücklichen Kindertag allerseits!

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