Ist Euro-Land bald abgebrannt?

Geht die Welt jetzt unter? Das fragt mich seit Tagen ein guter Freund. Und er meint damit die Krise des Euro und die drohende Zahlungsunfähigkeit der USA. Der vermeintlich sichere Hafen Gold wird mit seinen täglich neuen Rekordständen zur Fieberkurve des weltweiten Erregungszustandes.

Für den wirtschaftlichen Laien ist das natürlich alles beunruhigend. Ein Zuschauer der WDR-Sendung markt sah sich gar veranlasst zu fragen, ob er jetzt schon Lebensmittel und Wasser horten solle.

Ganz so schlimm ist die Lage nicht. Die Welt geht nicht unter. Sie wird sich weiter gleichmütig um sich selbst drehen, egal was die Menschen auf ihrer Oberfläche treiben.

Schuldenkrise war absehbar

Gleichwohl ist nicht abzusehen, welches Ende die aktuellen Entwicklungen nehmen werden. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, ist schon schlimm genug. Allerdings war das absehbar.

Die Subprime-Krise hatte das Weltfinanzsystem und die Weltwirtschaft schon an den Rand des Abgrundes gebracht. Nur mit Milliarden und Abermilliarden an Steuergeldern und Garantien konnte das System am Leben erhalten werden.

Und eben diese Milliarden und Abermilliarden sind es, die nun die öffentlichen Haushalte in die Knie zwingen. Die wenigsten Volkswirtschaften haben die Kraft, diese enormen Belastungen zu schultern.

Dass sich das Ganze noch nicht zu einer ausgemachten Währungskrise ausgeweitet hat, liegt vor allem daran, dass es allen Beteiligten gleichermaßen schlecht geht: Der Euro profitiert von der Schwäche des Dollar. In Bezug auf den Dollar wird sich meiner Meinung nach an der gegenwärtigen Euro-Stärke in absehbarer Zeit auch nicht viel ändern.

Schuldengrenzen sind Makulatur

Obama will die drohende Staatspleite damit abwenden, dass er die selbst gesteckte Schuldengrenze anheben will. Wäre ja auch nicht das erste Mal. Und so wird es auch kommen. Auch wenn die Republikaner Obamas Notlage dazu nutzen wollen, ihre Zustimmung von irgendwelchen Zugeständnissen abhängig zu machen.

Das Beispiel Amerika zeigt, wie wenig von solchen Schuldengrenzen, die sich die Politik selber auferlegt, zu halten ist. Und es gibt schonmal einen Vorgeschmack darauf, was uns droht, sollte Deutschland mal in eine ähnliche Lage geraten.

Aber was passiert jetzt mit Griechenland? Mit Italien? Mit Spanien, Portugal, Irland….?

Sollen weiter Euros nach Athen getragen werden, um das dortige Finanz- und Wirtschaftssystem vor dem Kollaps zu bewahren?

Wer soll das bezahlen? Wer hat das bestellt?

An Schuldenschnitt führt kein Weg vorbei

Ich habe zwar jahrelang professionell das Börsen- und Wirtschaftsgeschehen verfolgt, traue mir aber nicht zu, die Folgen und Folgesfolgen der diskutierten Lösungsansätze abzuschätzen. Dafür sind die Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Vernetzungen im weltweiten Finanzsystem zu komplex. Sie scheinen gar so komplex zu sein, dass selbst ausgewiesene Experten da die unterschiedlichsten Meinungen vertreten.

Ich denke, an einem Schuldenschnitt, dem so genannten Hair Cut, führt kein Weg vorbei. Griechenland und weiteren Euro-Ländern wird man einen Teil ihrer Schulden erlassen müssen.

Und der private Sektor, Banken, Versicherungen, Anleger, müssen daran beteiligt werden. Nicht freiwillig. Sondern in vollem Umfang. Es geht nicht an, dass wieder einmal, wie zu Zeiten der Subprime-Krise, die Gewinne privatisiert und die Verluste sozialisiert werden sollen!

Auch die Idee, so genannte Euro-Bonds auszugeben, erscheint mir sinnvoll und konsequent. Wenn man es mit der Wirtschafts- und Währungsunion ernst meint, dann soll es auch möglich sein, per Anleihe in den Euro-Raum zu investieren. Die Mitgliedsländer sind dann künftig um so mehr gehalten, die Haushaltsdisziplin und Wirtschaftspolitik der Nachbarländer zu überwachen, damit die Kreditwürdigkeit des Euro-Raums keinen Schaden nimmt.

EU-Gipfel muss Nägel mit Köpfen machen

Am Donnerstag ist EU-Gipfel. Die Zeit der Entscheidungen ist gekommen. Jetzt muss Schluss sein mit dem ständigen Herumlavieren. Jetzt müssen mutig und beherzt Nägel mit Köpfen gemacht werden. Mutig und beherzt – zwei Eigenschaften, mit denen sich unsere Kanzlerin bisher leider wenig hervorgetan hat.



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Brasilien – Land der Zukunft?

9 Gedanken zu „Ist Euro-Land bald abgebrannt?“

  1. „Der Kurzsichtige ist selbstsüchtig, der Weitsichtige wird in der Regel bald einsehen, dass im Gedeihen des Ganzen der eigene Nutz am besten verankert ist.“

    Silvio Gesell (Vorwort zur 3. Auflage der NWO, 1918)

    Aufgrund einer seit jeher fehlerhaften Geld- und Bodenordnung gibt es keine wie auch immer geartete Finanz- oder Wirtschaftspolitik, um die größte anzunehmende Katastrophe der Weltkulturgeschichte (globale Liquiditätsfalle nach J. M. Keynes, klassisch: Armageddon) abzuwenden. Heute, unmittelbar vor der Katastrophe, wird sie von den Kurzsichtigen noch immer nicht gesehen, weil sie – unabhängig vom so genannten Glauben – in einer kollektiven Wahnvorstellung existieren. Die Antwort auf die „Finanzkrise“ erhielt ich im Dezember 2002:

    „God said ‚Cancel Program GENESIS‘. The universe ceased to exist.“

    Diese „letzten 10 Worte“ übergab mir Sir Arthur Charles Clarke (1917 – 2008) nach seinem 85. Geburtstag mit der beiläufigen Bemerkung: „First you must cancel this useless program, my son. I’m too old for that.“ Den Rest der Dreiviertelstunde amüsierten wir uns über die Dummheiten Politik und Religion, bis Arthur die Unterhaltung beenden musste, weil das Lachen ihm aufgrund seiner schweren Krankheit zu starke Schmerzen verursachte.

    Wer aus einem Irrenhaus, in dem naive Sparer „großer Investor“ spielen, „Spitzenpolitiker“ und „Wirtschaftsexperten“ die „banalsten Selbstverständlichkeiten“ nicht verstehen, „Geistliche“ den Propheten Jesus von Nazareth für einen moralisierenden Wanderprediger halten und die Ärmsten der Armen glauben, NWO müsse „Neue Weltordnung“ und nicht Natürliche Wirtschaftsordnung bedeuten, eine Zivilisation machen will, muss nicht nur die Makroökonomie erklären können, sondern zuerst die Religion wegerklären. Nur ein außergewöhnliches Genie wie Silvio Gesell konnte die einzige Möglichkeit des zivilisierten Zusammenlebens verstehen, ohne die Religion verstanden zu haben!

    Der „liebe Gott“ der geistig Toten ist von außen betrachtet ein künstlicher Archetyp im kollektiv Unbewussten, der es der halbwegs zivilisierten Menschheit im Programm Genesis unmöglich macht, zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus zu unterscheiden – die Grundvoraussetzung des Denkens, sofern es das menschliche Zusammenleben im weitesten Sinne betrifft:

    http://opium-des-volkes.blogspot.com/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html

  2. Kommt mir grade eine v e r r ü c k t e Idee (aber verrückte Zeiten erfordern verrückte Antworten): Wie wär’s mit einem GLOBALEN SCHULDENSCHNITT? Alle Länder der Welt (oder gar alle öffentlichen wie privaten Schuldner) bekommen einen Schuldenerlass. Von 20 Prozent. 50 Prozent? So werden alle gleichermaßen belastet wie entlastet. Alle sind glücklich. Alles ist knorke.

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