Gasparzinho live in Porto Seguro (mit Video)

Er ist der aktuelle Shooting-Star in Porto Seguro: Gasparzinho mit seiner violeira da maldade. Zum Abschluss des hiesigen Karnevals trat er im Complexo Baianão auf, einem Viertel, das von der ärmeren Bevölkerungsschicht bewohnt wird.

Hier leben die Zimmermädchen, Strandverkäufer, einfachen Angestellten und Arbeiter, welche die niederen Arbeiten im hiesigen Tourismusgewerbe erledigen. Der Auftritt des beliebten Sängers sollte ein kleines Dankeschön der Stadt an ihre arbeitende Bevölkerung sein. Die erst jüngst gewählte Bürgermeisterin Cláudia Oliveira war sich nicht zu schade, vor Ort eine kurze Ansprache an die wartende Menge zu halten.

Für mich war es ein kleines, wenn auch nicht ganz ungefährliches Abenteuer. Denn entgegen meiner Planung musste ich mich am Ende auf eigene Faust ins Getümmel schmeißen.

Die Gruppe von Jungs aus der Umgebung von Ilheus, die ich am Karnevalssonntag am Strand kennengelernt und zwei Tage später dort wiedergetroffen hatte, waren nicht wie lose verabredet dort am gestrigen Nachmittag aufgetaucht, damit wir zusammen zur Show gehen konnten. Ich traf nur vier Leute aus Belo Horizonte wieder, die am Veilchendienstag ebenfalls mit uns am Strand gewesen waren, aber – wie ich erst jetzt erfuhr – gar nicht zu den Jungs gehörten, sie ebenfalls nicht mehr gesehen hatten und am selben Tag noch abreisen wollten.

Eine junge Frau, die an dem Getränkestand arbeitet, wo ich immer einkehre, wenn ich am Strand bin, die im Complexo Baianão wohnt und seit Tagen dem Ereignis entgegenfieberte, sagte mir nur, man werde sich schon vor Ort treffen.

Und ein anderer Bekannter, der hier in meinem Viertel wohnt und mir zu Diensten sein wollte, wenn ich ihn brauchte, ließ mich ebenfalls hängen.

Ich hatte etwas Sorge, mit meiner wertvollen Kamera alleine in dieses „Armenviertel“ und das zu erwartende Getümmel aufzubrechen. Auf der anderen Seite wollte ich mir dieses Ereignis auf keinen Fall entgehen lassen.

Also machte ich mich schließlich gegen 21:30 Uhr nolens volens trotzdem alleine auf.

Ich ging zur etwa 400 Meter entfernten Küstenstraße hinunter, um dort den Bus zum Complexo Baianão zu nehmen.

Es war eine glückliche Fügung, dass ich an der Haltestelle den Mann antraf, der in unserem Condomínio zweimal die Woche den Swimmingpool reinigt: Ein sehr freundlicher, gewissenhafter  und bescheidener Mensch. Wie sich herausstellte, wohnt er im Complexo Baianão und wartete gerade auf den Bus, um nach Hause zu fahren. Er und einige weitere Nachbarn von ihm, die ebenfalls auf den Bus warteten, nahmen sich meiner an. Sie fanden es amüsant und ungewöhnlich, dass ein Gringo wie ich in ihr Viertel wollte, um Gasparzinho zu erleben.

Der Bus war gerappelt voll. Nur mit Mühe und Atemnot schafften wir es, noch hineinzukommen.

Der Pool-Reiniger musste schon eine Haltestelle früher raus. So nahmen sich zwei Bekannte von ihm meiner an und begleiteten mich bis in die Nähe des Platzes, wo die Show stattfinden sollte.

Es war viel Volk auf den Straßen. Alle strömten zum Hauptplatz, wo eine Vorgruppe bereits aufspielte. Sie stand auf einem riesigen Truck (Trio Eletrico), dessen Anhänger zu einer Bühne mit riesigen Lautsprechern umgebaut war.

Um den Platz herum, der etwa die Größe eines Fussballfeldes hatte, reihte sich eine Bude an die nächste. Die meisten verkauften Getränke.

Ich lief mehrmals um den Platz herum und über ihn drüber, in der Hoffnung, irgend einen Bekannten zu treffen. Ich fand aber in der Menge nur einen älteren Strandverkäufer, der mich zwar erkannte, mit dem ich aber sonst nichts zu tun habe.

Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich. Hier und da liefen zwar auch ein paar Gestalten rum, denen ich im Dunkeln nicht über den Weg laufen will, aber ich fühlte mich alles in allem nicht unsicher, zumal die Militärpolizei an mehreren Guck-Posten starke Präsenz zeigte.

Ich weiß aus Erfahrung, dass bei solchen Volksveranstaltungen, wo auch viel Alkohol, Drogen und Emotionen im Spiel sind, schnell eine Unruheherd entstehen kann, der eskaliert. Man muss also sehr wachsam sein, Augen und Ohren offen halten. Ich mag solche Situationen aber sogar. Denn sie schärfen die Sinne und die Wahrnehmung. Gott sei Dank hat mich mein Instinkt bisher auch nie im Stich gelassen. Ich kann mich auf ihn verlassen.

Die Kamera wollte ich trotzdem nicht aus dem Rucksack holen. Ich fiel schon so auf wie ein bunter Hund. Mit der Kamera hätte ich noch mehr Aufmerksamkeit auf mich gezogen, eventuell die Aufmerksamkeit der falschen Leute.

Als die Vorgruppe zum Ende gekommen war, machte ich mich daher zum Truck auf, auf dem sich mehrere Leute befanden, die nicht zur Band gehörten, darunter auch ein Fotograf.

Ich hatte die Idee anzufragen, ob ich eventuell auf den Truck dürfte, um von oben, aus der Nähe und in Sicherheit Gasparzinho zu drehen.

Der Türsteher dort hatte alle Hände voll zu tun. Alle möglichen Leute begehrten Einlass. Er wies mich ab und wollte auch meine Visitenkarte nicht annehmen. Ich versuchte es bei einem älteren, anderen Sicherheitsmann, der zuvorkommender war. Er nahm die Karte an sich, um sie drinnen weiterzureichen. Es passierte aber nichts, trotz mehrerer Nachfragen. Ich blieb außen vor.

Die Bürgermeisterin und noch irgendwelche anderen Honoratioren hielten oben ihre Ansprachen. Es war Mitternacht, als dann endlich Gasparzinho auftrat.

Ich befand, dass es eigentlich eh viel besser ist, die Show von der Menge aus zu filmen. Ich legte meine Scheu ab und holte meine Kamera aus dem Rucksack. Keiner belästigte mich, keiner bedrängte mich. Ich konnte in Ruhe filmen.

Nach mehreren Nummern hatte ich aber genug. Die Zahl der Angetrunkenen und nicht mehr Zurechnungsfähigen um mich herum hatte spürbar zugenommen. Ich wollte keine weitere Risiken eingehen, hatte eh genug Bilder „im Kasten“ und nahm mir ein Moto(rrad)-Taxi, um sicher nach Hause zu kommen.

Mein Video zum Live-Auftritt von Gasparzinho ist unter diesem Link auf YouTube zu finden.

Karneval in Porto Seguro

 

2 Gedanken zu „Gasparzinho live in Porto Seguro (mit Video)“

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