Die fragwürdige Rolle von Greenpeace beim Schutz des Amazonas-Regenwaldes

Es ist schon grotesk: Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit waren Informationen dank Medien und Internet so umfangreich und frei zugänglich wie heute – doch die schiere Fülle und technischen Möglichkeiten machen es immer schwieriger, Fakten von Fakes zu unterscheiden. Der globale Hype um die vermeintliche Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes  durch den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro hat dies einmal mehr eindrucksvoll vor Augen geführt.

Ich bin weit entfernt davon, mich für unfehlbar zu halten und davon freizusprechen, selbst gelegentlich oder des Öfteren auf Fake News hereinzufallen. Ich bin genauso wie jeder andere darauf angewiesen, meinen Quellen vertrauen zu können, um mir ein sachgerechtes und möglichst objektives Bild von den Ereignissen in der Welt zu machen, schließlich ist es für egal wen ein Ding der Unmöglichkeit, auf allen Gebieten ein Experte zu sein.

Die Hysterie um die Brände in der Amazonas-Region haben mir allerdings einmal mehr vor Augen geführt, dass es selbst Experten schwer fällt, in einer globalen, von vielen Interessengruppen gehypten Desinformationskampagne mit sachlichen Einordnungen durchzudringen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn nahezu alle Medien und „Influencer“ demselben Narrativ folgen, das auf Unwissenheit, Ignoranz, Vorurteilen, Klischees oder gar interessegeleiteter Desinformation beruht, hat die Wahrheit keine Chance!

Du stehst mit deiner Minderheitenmeinung allein auf weiter Flur und wirst als Ketzer und verblendeter Außenseiter gedisst und abgestempelt.

Ich lasse mir meine Expertise in Sachen Brasilien jedoch nicht nehmen. Dafür verfolge ich die Entwicklungen in Brasilien einfach zu lange. Was nicht heißt, dass auch ich Fehlinformationen auf den Leim gehen kann. Die Dinge sind schließlich komplex und auch ich habe nicht immer Einblick in alle Hintergründe, die zur Bewertung eines Sachverhaltes notwendig sind. Umso mehr bin ich kritisch und hinterfrage und überprüfe jede wichtige Information auf ihre Glaubwürdigkeit und Echtheit. Das gehört zur Kernaufgabe eines jeden gewissenhaften Journalisten und Medienakteurs. Leider ist diese Tugend in unserer heutige Zeit der massenmedialen Aufmerksamkeitssucht unter die Räder geraten. Es geht nicht mehr um die Suche nach der Wahrheit, sondern nur noch um Klicks, Quoten, Followerpower und darum, welches Narrativ sich in der Empörungsindustrie am Ende durchsetzt.

Im Fall der Brände in der Amazonasregion war das Narrativ von Anfang an klar und wurde nicht im Geringsten hinterfragt:

Der „rechts-radikale“, „faschistische“ Präsident Jair Bolsonaro ist schuld, dass der Amazonas-Regenwald brennt! Er selbst hat die Brände provoziert (oder gar gelegt) und verfolgt damit das Ziel, aus reiner Profitgier den Amazonas-Regenwald abzuholzen, um den Expansionsdrang der mächtigen Agrarindustrie zu befördern und die Ausbeutung der an Rohstoffen überreichen Region voranzutreiben.

Selbst wenn man Bolsonaro eine Mitschuld geben wollte: Es kostete wenig Mühe, die aktuellen Brände in der Region ins Verhältnis zu früheren Bränden und den Bränden andernorts zu setzen und damit zu relativieren, was ich in meinem Blog auch prompt tat.

Soviel Differenzierung war aber nicht erwünscht. Denn die ganze Welt war  vereint in dem Furor, der allein darauf gerichtet war, Bolsonaro persönlich an den Pranger zu stellen und zu disqualifizieren.

Ist ja auch leicht getan, wenn man weit weg ist und von Brasilien und der brasilianischen Politik und Gesellschaft wenig Ahnung hat und Bolsonaro mit seinen radikalen und populistischen Äußerungen eine so ideale Projektionsfläche darstellt.

Ich bin weit davon entfernt, Bolsonaro oder überhaupt irgendeinen Politiker auf der Welt in Schutz zu nehmen. Und Bolsonaro hat mit vielen provokanten Äußerungen und Entscheidungen selbst erheblich dazu beigetragen, den Unmut Vieler auf sich zu ziehen.

Man muss aber schon tiefer in die Materie einsteigen, wenn man wirklich verstehen will, was da vor sich geht.

Die ganze Hysterie um den Amazonas-Regenwald kam nicht von Ungefähr und legt den Finger in die Wunde der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung in Brasilien, die ich weiterhin zu ergründen suche.

Bolsonaro ist mit einer klaren Kampfansage in den brasilianischen Präsidentschaftswahlkampf eingestiegen: Er hat der Korruption im Land den Kampf angesagt, die sich wie eine Krake in alle Lebensbereiche der Gesellschaft eingenistet hat.

Sein größter politischer Gegner ist die Arbeiterpartei PT, die mit dem wegen Korruption inhaftierten Ex-Präsidenten Lula seinen prominentesten Vertreter an der Spitze hat.

Die vergangenen Jahre waren geprägt von einer Unzahl an Ermittlungen und Festnahmen der Bundespolizei Polícia Federal im Zusammenhang mit dem sogenannten Lava-Jato-Skandal, der die gesamte politische und wirtschaftliche Elite des Landes erfasst und das Vertrauen der Bürger in ihren Staat und ihre „Eliten“ zutiefst erschüttert hat.

Die vom jetzigen Justizminister Sérgio Moro geleiteten Ermittlungen haben nicht nur den einst so populären Ex-Präsidenten Lula hinter Gitter gebracht, sondern auch unzählige andere führende Politiker (darunter die letzten vier Gouverneure des Bundesstaates Rio de Janeiro) sowie Wirtschaftsmagnaten wie den einst reichsten und einflussreichsten Unternehmer Brasiliens, Eike Batista.

Der Wille des Volkes, nach all diesen Aufdeckungen und Skandalen diesem durch und durch korrupten System radikal und ein für alle Mal den Garaus zu machen, war im Präsidentschaftswahlkampf mit Händen zu greifen.

In Bolsonaro sahen viele weit und breit den einzigen geeigneten Mann, um Brasilien wieder auf den Pfad der Tugend zu bringen. Schließlich verfügt er über drei Jahrzehnte Erfahrung als Kongress-Abgeordneter in Brasilien, ohne selbst in das Geldwäsche-System involviert zu sein.

Seine markigen Sprüche im Kampf gegen die exzessive Kriminalität und Gewalt in den Ballungszentren war ein weiterer wesentlicher Punkt, der die extrem verunsicherte Bevölkerung dazu veranlasste, ihm ihre Stimme zu geben. Schließlich weiß der Hauptmann a.D. auch das mächtige Militär hinter sich, das genauso wie die Bundespolizei zu den einzigen Institutionen gehört, denen die Brasilianer überhaupt noch Vertrauen schenken.

Es mag in den Ohren von Europäern und Außenstehenden kurios klingen, aber es gibt in der Tat sehr viele ältere Brasilianer, die durchaus gute Erinnerungen an die Militärdiktatur (1964-1985) haben und sie als eine Zeit preisen, in der man sein Auto unabgeschlossen und mit offenem Fenster in der Straße stehen lassen konnte, ohne fürchten zu müssen, dass sich jemand daran vergehen würde. Auch sonst war das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung offenbar hoch. „Ordem e progresso“ – Ordnung und Fortschritt, so steht es auf der brasilianische Nationalflagge, waren zu jener Zeit in der Wahrnehmung vieler Brasilianer gewährleistet. (Ob das alles wirklich so war, kann ich nicht beurteilen. Was zählt, ist das vorherrschende Gefühl, die subjektive Wahrnehmung und Erfahrung.)

Der Einzige, der Bolsonaro im Wahlkampf hätte aufhalten können, war Ex-Präsident Lula . Seine beiden Amtszeiten (2003-2010) waren wirtschaftlich wie politisch sehr erfolgreich, er erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit. Da die brasilianische Verfassung aber wie in den USA nur zwei Amtszeiten in Folge erlaubt, gab er den Staffelstab an seine Nachfolgerin Dilma weiter, die inmitten ihrer zweiten Amtszeit im Jahr 2016 jedoch einem Impeachment (Misstrauensvotum) zum Opfer fiel. Der Lava-Jato-Skandal hatte da längst das System erschüttert und selbst unabhängige Betrachter konnten den Eindruck gewinnen, dass es sich bei der Amtsenthebung um einen Komplott der politischen Gegner handelte, die ihre Pfründe davonschwimmen sahen.

Der Prozess gegen Lula war aus Sicht seiner leidenschaftlichen Anhänger nicht weniger politisch motiviert, um den Weg für andere politische Kräfte frei zu machen. Schließlich hatte der 1945 geborene Ex-Präsident laut Umfragen dank seiner anhaltenden Popularität gute Chancen, die Präsidentschaftswahlen von 2018 zu gewinnen. Er war der Einzige, der dem an Popularität gewinnenden rechts-konservativen Bolsonaro Paroli hätte bieten können. Doch die Justiz machte ihm und seinen Anhängern einen Strich durch die Rechnung und untersagte dem inhaftierten Lula die Kandidatur. Und so wurde kurzfristig Lulas Zögling Fernando Haddad zum Kandidaten erkoren, der jedoch nicht im Mindesten die Beliebtheitswerte erzielt, die Lula vor allem bei der ärmeren Bevölkerung genießt.

Das brasilianische Parteiensystem ist nahezu unüberschaubar und nicht im Mindesten mit dem in Deutschland oder anderen bekannten Demokratien vergleichbar. Es ist geradezu politischer Volkssport, ständig neue Partei zu gründen, deren Programmatik diffus und nebensächlich ist. Selbst wer die Stichwahl zum Präsidenten in Brasilien gewinnt (2018 traten insgesamt 13 Kandidaten an!), ist im Kongress auf eine Koalition mit einem Dutzend „Parteien“ angewiesen, in deren Zentrum weniger Programme als Personen stehen. Das hat die praktische Folge, dass der Kongress eher ein Ort des politischen Kuhhandels als stabiler Koalitionen ist.

Bolsonaro wusste im Wahlkampf immerhin wichtige Interessengruppen hinter sich: dazu zählt die mächtige Agrarlobby ebenso wie die fundamentalistisch-konservativen Evangelikalen, deren Kirchen in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und die einst unumstrittene Dominanz der katholische Kirche nachhaltig zerstört haben.

Bolsonaro hat es im Wahlkampf geschickt verstanden, diese einflussreichen Fraktionen hinter sich zu vereinen. Und da er darüber hinaus mit seiner populistischen und polarisierenden Art großen Teilen der zutiefst verunsicherten Bevölkerung aus dem Herzen sprach, war ihm angesichts der Umstände der Wahlsieg gewiss.

Er ist trotzdem weit davon entfernt, ein Diktator zu sein. Dafür ist die Zusammensetzung des Kongresses viel zu komplex und diffus. Zwar verfügt der brasilianische Präsident qua Verfassung über diverse Werkzeuge, um seinen Willen durchzusetzen (Dekrete, Vetorecht), doch auf Dauer lässt sich keine Politik ohne einen entsprechend breiten Konsens in Kongress und Bevölkerung durchsetzen.

Bolsonaro hat genauso wie die PT einen klaren Lager-Wahlkampf geführt: Rechts gegen Links, „Patriotismus“ gegen „Sozialismus“. Wie absurd diese Polarität ist, zeigte schon die breite, geschichtsvergessene Debatte seiner Anhänger darüber, ob die Nationalsozialisten unter Hitler in Wahrheit nicht Sozialisten waren, schließlich trugen sie den Sozialismus sogar im Namen!

Solche Kategorien helfen nicht wirklich weiter, dienen lediglich zur Polarisierung. Denn ob Bolsonaro nun ein Faschist, Nationalist, Kapitalist oder sonst etwas ist, ist eine Definitionsfrage. Und da gehen die Meinungen weit auseinander, weil jeder etwas anderes darunter versteht.

Bolsonaro hat in seiner langen politischen Laufbahn viel dummes Zeug geredet, sich mit homophoben, anti-feministischen, anti-sozialistischen und rassistischen Äußerungen hervorgetan. Bestimmte nationale wie nahezu alle internationalen Medien haben sich während des Wahlkampfes darauf gestürzt und es gab praktisch keinen Bericht, der nicht all diese teils viele Jahre zurückliegenden Äußerungen nicht wieder und wieder hervorgekramt hätte.

Zweifellos spiegeln sie eine gewisse Gesinnung des Politikers wider, welche wertkonservativ ist, die „heile und heilige“ Familie sowie die Nation in den Mittelpunkt stellt und hinter jeder Straßenlaterne einen Kommunisten vermutet, der das System untergraben und die Nation an fremde Mächte verraten und verkaufen will.

Die Arbeiterpartei PT liefert dafür genügend Angriffsfläche, denn sie ist in ihrer Programmatik eher mit der deutschen Linken als der Sozialdemokratie vergleichbar und pflegt seit jeher eine innige Freundschaft zu sozialistischen „Bruderstaaten“ wie Kuba und Venezuela.

Brasilien ist in den vergangenen Jahren (trotz oder wegen der PT) in eine nie dagewesene wirtschaftliche Rezession abgerutscht. Im vergangenen Wahlkampfjahr konnten die Brasilianer in den Nachrichten verfolgen, was aus diesem vermeintlichen sozialistischen Bruderstaat Venezuela geworden ist: ein wirtschaftliches und politisches Desaster, welches das Land in den Abgrund gestürzt und hunderttausende Flüchtlinge in den Norden Brasiliens gespült hat! (Ja, auch Brasilien hat ein Flüchtlingsproblem.)

Die Angst, dass Brasilien unter einer erneuten PT-Regierung genau dieses Schicksal ebenfalls ereilen könnte, war daher auch ein wichtiges Motiv für große Teile der Bevölkerung, der PT kein Vertrauen mehr zu schenken. Sie hatte sprichwörtlich abgewirtschaftet.

Das alles spielte Bolsonaro in die Karten. Und da die Korruption und ideologische Voreingenommenheit der PT aus seiner Sicht nicht nur die Politik, sondern auch die gesamte Gesellschaft und ihre Institutionen von der Justiz über das Gesundheitswesen und die Bildung bis hin zu Kultur und Umweltpolitik „unterwandert“ hat, markiert seine Wahl zum neuen Präsidenten eine echte Zäsur in der Geschichte des Landes. Eine Art geistig-moralische Wende, wie sie einst Helmut Kohl in Deutschland proklamierte!

Bolsonaro hat diesem ganzen System den Kampf angesagt.

Und dazu gehören neben den vermeintlich oder tatsächlich unterwanderten staatlichen Umweltschutzorganisationen auch die unzähligen internationalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die sich vor allem in der Amazonas-Region in den vergangenen Jahrzehnten breit gemacht haben, um sich aus Bolsonaros Sicht ohne jedes Mandat und jedwede Berechtigung in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen.

Lula und die PT haben laut Bolsonaro unter ihrer Regierung einen internationalen Schmusekurs gefahren, der anderen Ländern und Organisationen die Türen öffnete, um sich des Amazonas zu bemächtigen und damit die Souveränität des Landes zu untergraben.

Die brasilianischen Umweltschutzgesetze sind generell sehr streng, und sie sind besonders streng, wenn es sich um Gebiete handelt, die unter besonderem Schutz stehen wie Indianerreservate und Naturschutzgebiete.

Diese strengen Gesetze haben zur Folge, dass sich große Gebiete außerhalb des Zugriffs staatlicher Institutionen und wirtschaftlicher Interessen befinden. Das wiederum hat zur Folge, dass sie umso mehr illegalen Eingriffen ausgesetzt sind (weil praktisch alles illegal ist), die angesichts der schieren Größe des Gebietes kaum zu kontrollieren, geschweige denn zu ahnden wären.

Was haben NGOs wie Greenpeace in all den Jahren gebracht, außer den Amazonas und seine Ureinwohner für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und die internationale Aufmerksamkeit dafür zu nutzen, Millionen an Spendengeldern zum „Schutz“ des Amazonas und der Indios einzusammeln und gleichzeitig Brasiliens Ansehen in der Welt permanent zu schädigen?

Die Situation vor Ort ist ja keineswegs so dramatisch, wie die vermeintlich unabhängigen NGOs sie darstellen. Der große Hype um die Brände und die vermeintlich bedrohten Indios hat ja deutlich genug gezeigt, wie sehr sich das Thema zur Emotionalisierung eignet.

Greenpeace und andere NGOs leben gut davon, dass sie den Amazonas-Regenwald und die Indios in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit gelegt haben, genauso wie Robbenbabies und Eisbären. Diese Emotionalisierung funktioniert blendend und spült einen wahren Geldsegen in die Kassen.

Ein Blick in die (von den Wenigsten gelesenen) „Rechenschaftsberichte“ genügt, um die Verlogenheit des Ganzen zu untermauern. Diese Rechenschaftsberichte folgen nicht im Mindesten irgendwelchen internationalen Standards, schlüsseln Einnahmen und Ausgaben nur extrem oberflächlich auf und gleichen vor allem bunt bebilderten Marketingprospekten, welche mit einigen wenigen Leuchtturmprojekten suggerieren sollen, dass das viele Geld sinnvoll angelegt sein soll. Dabei fließt das meiste Geld in Kampagnen und Aktionen, in Kommunikation und Marketing!

Es sind Organisationen wie Greenpeace, die den Unsinn in die Köpfe der Menschen gesetzt haben, dass der Amazonas-Regenwald vor seiner endgültigen Vernichtung stehe, dass er die „Grüne Lunge“ des Planeten sei und die Ureinwohner vor ihrer Ausrottung stünden!

In Wahrheit verfügen die Indios über riesige Reservate und Gebiete, die pro Kopf weit über dem liegen, was selbst ein Großgrundbesitzer in Brasilien sein eigen nennen könnte. Indigene genießen in Brasilien nahezu einen Unantastbarkeitsstatus.

In der fernen Öffentlichkeit wird ihnen der Nimbus des romantischen Wilden angedichtet, der von der „bösen Zivilisation“ unbeleckt ist und der einzige wahre Hüter von Mutter Natur sei.

Tatsächlich wird seine Entfaltungsmöglichkeit selbst durch dieses Narrativ und diesen „Schutz“ behindert, denn einmal mit der Zivilisation in Kontakt gekommen, will auch der Indio von den zivilisatorischen Fortschritten nicht ausgeschlossen sein, egal ob in puncto Gesundheit, Bildung, Fortbewegung oder Kommunikation (TV, Handy, Internet).

Strenge Umweltauflagen behindern auch ihn in seinem Alltag, denn die natürlichen Gegebenheiten in der Amazonas-Region zwingen auch ihn dazu, regelmäßig zu Abholzungen und Bränden zu greifen, um neues Land für den Anbau zu gewinnen, da die Böden dank des dünnen Nährbodens sehr schnell ausgelaugt sind.

Allein in den sieben Amazonas-Bundesstaaten agieren laut den bisher letzten verfügbaren Daten knapp 16.000 Nichtregierungsorganisationen! Das ist zwar weit weniger als die mancherorts kolportierten 100.000. Aber dennoch muss die Frage erlaubt sein, was zum Teufel all diese Organisationen da zu suchen haben und welchen Wert deren Arbeit überhaupt hat?

Die Rechenschaftsberichte sind reichlich nebulös und sprechen meistens von „Monitoring“, also „Beobachtung“. Greenpeace Brasil hat in den 20 Jahren seiner Aktivität in der Amazonasregion (27 Jahre in Brasilien) nach meinem Kenntnisstand gerade mal ein Löschflugzeug bereitgestellt, mit dem es in diesem riesigen Gebiet von der Größe ganz Europas aber vornehmlich auf der Suche nach Bränden ist, die dann medial ausgeschlachtet werden können, um weitere Spendengelder zu generieren.

Moralisch gesehen befindet es sich damit auf derselben Stufe wie all die brasilianischen evangelikalen Kirchen,  die von den Gläubigen ein Zehntel ihres Einkommens einfordern, um Gottes vermeintliches Wohlwollen zu gewinnen sowie den Eintritt ins Paradies zu ermöglichen.

Im Zuge der internationalen Berichterstattung über die Brände im Amazonas-Gebiet ist Greenpeace in der brasilianischen Öffentlichkeit jedenfalls massiv unter Rechtfertigungsdruck geraten und befindet sich im Krisenkommunikationsmodus. Das belegen allein die unzähligen Kommentare unter den Facebook-Postings der Organisation, welche die Publicity für neue Spendenaufrufe nutzen wollte.

Doch das ging nach hinten los. Unzählige Kommentare von Menschen, die vor Ort leben, strafen Greenpeace Lügen. Das Ansehen der größten Umweltschutzorganisation der Welt ist in Brasilien nachhaltig zerstört.

Das ist mehr als bedauerlich. Denn natürlich ist Umweltschutz wichtig und selbstverständlich ist es sehr lobenswert, wenn sich vor allem junge Menschen dafür engagieren (unbezahlt, versteht sich!).

Umweltschutz, die Rettung unseres Planeten, ist in den weit entwickelten Industrieländern geradezu zum Religionsersatz geworden. Die Spende oder der persönliche Einsatz für den Umweltschutz wirken wie ein Ablasshandel für das schlechte Gewissen des Großstädters, der mit seiner Art zu leben der eigentliche Verursacher der Misere ist.

Gerade jetzt, wo die Fridays For Future-Bewegung so viel Aufmerksamkeit und Zulauf bekommen hat und der Umweltschutz endlich die politische Agenda bestimmt, kommt eine solche Demaskierung namhafter und vermeintlich überparteilicher Umweltorganisationen mehr als ungelegen.

Das haben sich diese Organisationen aber selbst zuzuschreiben, weil sie die Empörung über die Brände aus eigennützigen Gründen bewusst befeuert haben und seit Jahr und Tag den guten Willen der Menschen dazu missbrauchen, um Spendengelder für fragwürdige Projekte zu generieren.

Greenpeace und Co. sind in diesem Zusammenhang nicht unparteiisch. Sie sehen unter Bolsonaro ihre Felle und Geschäftsmodelle davonschwimmen. Das gilt für nahezu alle Akteure in dieser Debatte. Es gibt praktisch niemanden, der unabhängig und objektiv über den Dingen steht, nicht einmal die international angesehenen staatlichen Institutionen INPE und ICMBio, von gewissen Mediengiganten wie Globo ganz zu schweigen!

Umweltschutz bleibt trotzdem ein überlebenswichtiges Anliegen.

Es wäre allerdings dringend zu empfehlen, ihn vor allem dort zu praktizieren, wo er mit eigenen Augen und Sinnen überprüfbar ist: nämlich vor der eigenen Hautür, im eigenen Land.

Und in den Industrieländern als den Hauptverursachern des menschengemachten Klimawandels sind die Probleme weit drängender als in Brasilien. Abgesehen vom Amazonas verfügt Brasilien nämlich noch über viele andere nahezu unberührte Urwaldgebiete wie die Mata Atlântica, den Atlantischen Regenwald. Fünfundsechzig (!) Prozent des riesigen brasilianischen Staatsgebietes sind von Wald bedeckt. Davon kann Europa nur träumen!

Kehrt also lieber mal vor eurer eigenen Haustür, als anderen fernen Ländern Vorschriften zu machen, die nicht im Entferntesten die Umweltprobleme haben, welche die Industriestaaten dank ihres Wirtschaftssystems, ihres Rohstoffhungers und des kolonialen Raubbaus weltweit seit Jahrhunderten verursachen!

Bolsonaro jedenfalls will all diese aus seiner Sicht nichtsnutzigen Umweltschutzparasiten am liebsten aus dem Land vertreiben. Und ich muss gestehen: Ich verstehe langsam, warum.

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