Voll in die Bosta getreten

Nun denn. Nun wird also wahr, was angesichts der Umfragen nicht überraschend ist: der rechtsextreme Jair Bolsonaro (Bostanaro,…etc. Bosta = Scheiße) ist ab dem 1. Januar 2019 der neue Präsident Brasiliens, dem fünftgrößten Land der Welt, das angesichts seiner natürlichen Ressourcen zu den reichsten Ländern der Welt gehört!

In ihrer Stichwahl hatten die Brasilianer die Wahl zwischen diesem Verehrer militärischer Führer, die wie Adolf Hitler Minderheiten und Andersdenkende am liebsten töten wollen oder wenigstens einsperren und von allen verlangen, so zu denken und zu leben wie sie es für richtig halten.

Oder sie konnten für den Kandidaten der Arbeiterpartei PT stimmen. Die PT wird von den Anhängern des früheren Präsidenten Lula wie eine Heilige verehrt und von den anderen genauso inbrünstig verachtet, weil in ihrer Regierungszeit der größte Korruptionsskandal der brasilianischen Geschichte stattfand und aufgedeckt wurde.

Es war von Anfang an eine Wahl zwischen Pest und Cholera, wie ich bereits auf diesem Blog darlegte.

Die Seite des rechtsextremen Bolsonaro verstand es geschickt und mit Hilfe des Trump-Einflüsterers Steve Bannon, die bei den Brasilianern sehr beliebten Sozialen Medien für seine Kampagne zu nutzen und regelrecht zu missbrauchen. Die Stimmung wurde regelrecht vergiftet durch die systematische Verbreitung von FakeNews per Facebook und vor allem WhatsApp.

Brasilianer nutzen diese Medien exzessiv und so verbreitet sich jedes Gerücht in Windeseile. Einerseits ist das sehr sympathisch, wenn es um persönliche Dinge geht, denn Brasilianer schenken einem tatsächlich Aufmerksamkeit!

Auf der anderen Seite ist das natürlich auch sehr gefährlich. Denn die Dinge werden in Windeseile verbreitet, ohne darüber nachzudenken, ob die Geschichte echt oder Fake ist. Allein die schiere Anzahl der Likes oder Shares gilt als Beleg für Relevanz und Wahrheitsgehalt.

Einer solchen rasanten Desinformationswelle sind heutige Wahlgerichte eigentlich nicht mehr gewachsen. In Brasilien wacht das Oberste Wahltribunal TSE darüber, dass alles korrekt und mit rechten Dingen zugeht.

Dieses Tribunal ist sehr mächtig und selbst ein Jair Bolsonaro und die Oberste Heeresleitung wird respektieren müssen, zu welchem Schluss die Obersten Verfassungsrichter am Ende kommen.

Ich vertraue da vollkommen auf die Stärke dieser wichtigen Institution Brasiliens. Brasiliens Demokratie ist zwar noch jung, aber um zu wachsen, muss sie wie jede andere auch manchmal durch’s Fegefeuer gehen.

Es ist nicht auszuschließen, dass Bolsonaro schnell wieder weg vom Fenster ist. Denn nach meiner Beobachtung war in den vergangenen Tagen ein klarer Stimmungswandel zu verzeichnen. Viele Brasilianer, die vorher unbedacht für Bolsonaro gestimmt haben, sind inzwischen wieder aufgewacht und zur Vernunft gekommen. Sie haben entweder im zweiten Wahlgang gar nicht mehr gewählt bzw. ungültig, oder sie haben mit Bauchschmerzen für den Gegenkandidaten Fernando Haddad gestimmt, um die Demokratie zu retten.

Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Die Zeit war jetzt zu knapp für Haddad, um das Ruder noch rumzureißen. Aber 55 Prozent für Bolsonaro ist deutlich unter dem, was sein Lager ursprünglich erwartet und erhofft hatte. Bolsonaro wollte ja schon im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit von über 50 Prozent der Stimmen erlangen, was ihm auch fast gelungen wäre.

Der Furor der Bolsonaro-Anhänger war und ist allerdings immer noch sehr auf Touren und so irrational und hysterisch, dass mit denen kein vernünftiges Gespräch möglich ist. Es wird also ein paar Tage brauchen, bis sich die Gemüter wieder abgekühlt haben.

Es ist eine unschöne Gemengelage und ich bin gespannt, was als nächstes im Drehbuch steht und wie die Brasilianer sich aus der Scheiße ziehen, die sie sich selbst eingebrockt haben.

Insofern ist Demokratie dann doch sehr gerecht. Jeder hat die Wahl und darf sich entscheiden. Und wenn die Mehrheit eben so dumm ist, dass sie jedem sachlichen Argument gegenüber verschlossen ist, dann ist es eben so und alle müssen die Konsequenzen tragen. Schließlich haben die anderen es ja auch zugelassen, dass es überhaupt soweit kommen konnte.

Das hat ja auch mit Ignoranz zu tun. Wenn man jahre-, jahrzehntelang Probleme kleinredet, ignoriert, verdrängt, dann schafft man das Problem nicht aus dem Weg, sondern es wird immer größer und größer, bis es so groß ist, dass eigentlich nur noch der harte Schnitt eines Schwertes hilft, um den gordischen Knoten zu lösen.

Ich glaube, wir befinden uns gerade in einer solchen Zeitenwende, die zu Kompromisslosigkeit führt.

Es gibt zwei Lager, die offenbar nicht miteinander zu versöhnen sind. Es gibt nur noch entweder – oder, rechts oder links, richtig oder falsch. Polarisierung total.

Es trennt sich die Spreu vom Weizen. Es ist ein Kampf Auge um Auge, Zahn um Zahn. Es geht darum, wer am Ende die Oberhand behält und als Sieger vom Platz geht.

Es gibt ethisch-moralische Grundsätze, die sind einfach nicht verhandelbar und die werden „bis zum letzten Blutstropfen“ verteidigt, komme, was da  wolle.

Das ist zuallererst der Respekt vor der Schöpfung, der Natur, unserem Planeten, Mutter Erde, dem Universum und – wer will – Gott dem Schöpfer und Mega Master Mind. Respekt vor der Vielfalt und dem Reichtum.

Bis hierhin und nicht weiter. Das ist eine glasklare Verteidigungslinie, die mit allen Mitteln verteidigt wird.

Jeder darf nach seiner Façon selig werden. Aber er möge die anderen damit nicht belästigen und jedermann in Ruhe lassen.

Jeder soll glauben und denken, was er/sie will. Aber verlange niemals von irgendjemandem, dass er so denken und glauben und leben soll wie Du.

Du bist Du. Ich bin ich.

Wenn du nett zu mir bist, bist du in meinem Haus willkommen. Wenn nicht,  dann eben nicht.

Tô nem aí, tô em Taquari.

(Was kümmert’s mich, bin in Taquari.)

Hier tangiert mich dieses ganze Weltengeschrei und der globale Hysterismus am Ende eher peripher. Ob der eine oder andere vagabundo in Brasilia regiert, hat wenig bis keinen Einfluss auf mein persönliches Leben hier. Brasilien ist groß. Und wenn der Reserveoffizier wenigstens für mehr Sicherheit in Metropolen wie Rio de Janeiro sorgen kann, umso besser.

Das ist der größte Wunsch der Brasilianer: mehr Sicherheit! Und Schluss mit der Korruption!

Wenn Bolsonaro punkten und überzeugen will und tatsächlich ein Patriot ist, dann werden das seine wichtigsten innenpolitischen Projekte.

Eine dringend nötige Reform des absurd teuren Rentensystems für Staatsbedienstete darf getrost ad acta gelegt werden. Da wird Bolsonaro keinen Finger dran rühren. Negativ für den Haushalt, der dringend sanierungsbedürftig ist und hier wäre ein großer Schatz zu heben.

Bolsonaros internationaler Kurs wird absolut Amerika- und Trump-freundlich sein. Das heisst, vor allem us-amerikanischen Unternehmen werden alle Türen und Tore geöffnet, um Brasiliens Ressourcen weiter auszubeuten.

Da steckt ne Menge Geld hinter, da stecken mächtige und superreiche Männer und Konzerne hinter, die den Hals nicht voll kriegen und ohne Rücksicht auf Verluste alles auf’s Spiel setzen, um sich persönlich zu bereichern.

Aber wer sagt denn, dass man sie machen lassen muss? Wo steht das geschrieben?

Wenn das Volk sich erhebt wie es die Ostdeutschen 1989 machten, dann ist alles möglich.

Und wenn auch die geistig zurückgebliebenen und verblendeten Brasilianer mit eigenen Augen sehen und spüren, wohin die Reise geht, dann kann die Stimmung sehr schnell umschwingen und Bolsonaro aus dem Amt fegen.

Ich bin und bleibe also immer Optimist.

Ich liebe dieses Land trotz allem und ich weiß, dass die Brasilianer es auch lieben. Dieses Land ist einfach zu schön und die Menschen zu liebenswert und gesellig, als dass man sich von Hass und Streit den Tag verderben lassen möchte.

Spätestens an Karneval tanzen und singen alle gemeinsam auf den Straßen und Plätzen und Stränden.

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