Paukenschlag: Brasiliens Nationaltrainer Mano Menezes entlassen


Mano Menezes ist nicht mehr Trainer der Seleção. Das gab der brasilianische Fussball-Verband CBF am Freitag überraschend nach einer Sitzung in São Paulo bekannt. Ein Nachfolger soll im Januar verkündet werden.

Auch wenn es seit Monaten heftige Kritik an dem Nationaltrainer gab, kam die Entlassung zu diesem Zeitpunkt für alle überraschend. Schließlich hatte die Seleção erst zwei Tage zuvor das prestigeträchtige Duell mit Argentinien im Superclássico das Américas gewonnen.

Der für die Nationalmannschaft zuständige CBF-Direktor Andrés Sanchez machte in São Paulo keinen Hehl daraus, dass er persönlich die Entscheidung für falsch hält:

Der Präsident (der CBF, José Maria Marin) wünscht eine neue Methode und das muss respektiert werden. Ich respektiere, verstehe, aber es ist eine Zerstörung der Arbeit, die ich nicht für richtig halte. Es war eine verlorene Abstimmung.

CBF-Präsident Marin, der die Ablösung Menezes‘ offenbar maßgeblich betrieben hat, stellte sich nach der Entscheidung nicht der Öffentlichkeit. Der 80-jährige Fussball-Funktionär hatte erst im März den langjährigen Präsidenten Ricardo Teixeira abgelöst, dem massive Korruptionsvorwürfe zum Verhängnis wurden.

Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, hatte Sanchez die undankbare Aufgabe, Menezes die schlechte Nachricht zu überbringen. Er habe es „offensichtlich nicht gern gehört“, wird Sanchez dort zitiert und ergänzte:

Mano hat einen guten Job gemacht. Er hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen und seine Arbeit zeigte Erfolge. Wenn das Problem schlechte Ergebnisse gewesen wären, dann hätte er früher entlassen werden müssen.

In der Tat kann sich Menezes‘ Bilanz nach zweijähriger Tätigkeit sehen lassen: Von 40 Spielen wurden 27 gewonnen, sechs gingen unentschieden aus, nur sieben wurden verloren.

Mano’s Arbeit war langfristig auf die WM 2014 im eigenen Land ausgerichtet, wo nach brasilianischem Verständnis definitiv der sechste WM-Titel gewonnen werden muss. Nachdem die Seleção aber 2011 in der Copa América bereits im Viertelfinale ausschied und auch bei den diesjährigen Olympischen Spielen in London nicht die eingeforderte Goldmedaille holte, wackelte der Stuhl von Menezes bedenklich.

Ex-Weltfussballer Romário, inzwischen Abgeordneter im Bundesparlament, frohlockte nach dem verlorenen Finale in London live im TV, das sei Mano’s letzter Arbeitstag als Nationaltrainer. Doch er freute sich zu früh.

Nun feierte Romário die vollzogene Entlassung via Twitter umso ausgelassener (von unten nach oben lesen):

Romário freut sich über Entlassung des Nationaltrainers

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Leute, heute ist ein historischer Tag, an dem Brasilien ein Feuerwerk loslassen und eine Party machen muss. Am Ende haben selbst diese Inkompetenten des CBF-Direktoriums mal etwas Gutes für den brasilianischen Fussball gemacht. Ich war sicher, dass es passieren würde, leider hat es gedauert (…).“

Zugleich votiert Romário für „Felipão“ als Nachfolger. Damit ist der ehemalige Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari gemeint, der zuletzt den brasilianischen Club Palmeiras trainierte. Dort wurde sein Vertrag wegen Misserfolgs allerdings vorzeitig beendet. Ob das also die richtige Lösung ist, darf zumindest bezweifelt werden.

Mano Menezes selbst begegnete der wachsenden Feindseligkeit und den persönlichen Angriffen stets mit bemerkenswerter Ruhe und ließ sich nicht provozieren. Genau so kommentierte er denn auch seine Entlassung via Twitter:

 

„Wie mitgeteilt wurde, bin ich nicht mehr Trainer der brasilianischen Seleção. Bleibt mir nur, meine Wertschätzung gegenüber all jenen auszudrücken, die mit mir an diesem Projekt gearbeitet haben…insbesondere gegenüber den Spielern, die in dieser Periode gerufen wurden, und all jenen, die an unsere Arbeit geglaubt haben…Ich wünsche der brasilianischen Seleção schon jetzt Erfolg bei der Erfüllung unseres größten Traums, dem Titel des sechsmaligen Weltmeisters 2014.“

Als mögliche Nachfolger werden neben dem schon erwähnten Felipão drei Namen gehandelt:  Muricy Ramalho, Tite und Pep Guardiola.

Der ehemalige und derzeit vereinslose Ex-Trainer des FC Barcelona Guardiola gilt als die unwahrscheinlichste Variante. Seleção-Direktor Sanchez sagte, gegen einen Trainer aus dem Ausland zu sein. Die brasilianische Zeitung Lance hängte sich dennoch schon weit aus dem Fenster, indem sie eine Guardiola nahe stehende Person zitierte, wonach Pep sofort bereit stehe, die Aufgabe zu übernehmen.

Laut Reuters sind sich die beiden mächtigsten Fussballfunktionäre in Brasilien, CBF-Präsident Marin und sein Stellvertreter Marco Polo Del Nero, uneinig. Einer favorisiere Muricy, der andere Scolari.

Auf die mögliche Nachfolge angesprochen, erklärte Santos-Coach Muricy laut Terceiro Tempo:

Jetzt in diesem Moment sind alle erst einmal sehr überrascht. Niemand hat an die Nachfolge zu denken, erst müssen einige Dinge aufgeklärt werden. Er (Mano) ist ein Trainer, der einen Plan für 2014 hatte, (die Entlassung) ist also kompliziert.

Corinthians-Trainer Tite wiederum sagte kurz nach Bekanntwerden der Nachricht eine geplante Pressekonferenz ab, um nicht auf das Thema angesprochen zu werden. Einem Radio-Reporter gelang es laut Terceiro Tempo dennoch, ihn kurz anzusprechen. Und Tite erwiderte nur: „Gott im Himmel, erleuchte mich!“

Niemand dürfte sich um diesen Job reißen. Denn der Erfolgsdruck ist enorm. Und es bleibt wenig Zeit. Schließlich findet bereits im Juni nächsten Jahres der Confed Cup in Brasilien statt, gewissermaßen die Generalprobe für die WM 2014. Und bis zu der sind es auch nur noch 18 Monate.

Eine ausführliche Analyse der Situation auf ESPN kommt daher zu dem Schluss, das alles könne die Seleção am Ende einen hohen Preis kosten: Den sechsten Titel.

So, wie die Dinge laufen, könnte der wütende Volkstribun Romário zumindest mit einer seiner früheren Prognosen Recht behalten: Brasilien droht die größte Blamage in der WM-Geschichte.

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