Optimisten und Pessimisten

Ich habe ja über zwanzig Jahre beim Fernsehen gearbeitet, von 1999 bis 2010 in verschiedenen Funktionen beim Nachrichtensender N24, heute Welt. Die letzten Jahre arbeitete ich als Redakteur und Chef vom Dienst in der Börsen- und Wirtschaftsredaktion. Mein damaliger Vorgesetzter arbeitet immer noch dort. Damals haben wir oft und heftig über sein Lieblingsthema Optimismus versus Pessimismus debattiert.

Er bezeichnet und geriert sich bis heute als glühender Optimist. Und er reagiert empfindlich wie ein pawlowscher Hund auf jedes Anzeichen von Pessimismus bei seinen Mitmenschen. Das ist meistens durchaus amüsant, gelegentlich etwas penetrant.

Inzwischen hat er das auch On Air zu seinem Leib- und Magenthema gemacht und streitet per Podcast mit seinem idealen Spearingpartner Holger Tschäpitz, der auf Twitter dank seiner Expertise sehr viele Follower aus aller Welt hat, über die deutsche und global Wirtschaft sowie die Geschehnisse auf dem Aktienmarkt.

In seinen Augen gehörte ich zur Fraktion der Pessimisten, was ich früher sicher auch mehr war als heute. Dennoch sah ich mich damals selbst vor allem als Realisten, was es laut Dietmars Ansicht aber überhaupt nicht gibt.

Entweder man gehöre zur Fraktion derjenigen, für die das Glas immer halb leer sei oder zu der Fraktion, für die das Glas immer halb voll ist. Das Standardbeispiel in solche Debatten.

Ich fand diesen Vergleich immer ungeeignet. Denn an diesem Beispiel betrachtet, gibt es natürlich nur zwei Sichtweisen, Perspektiven. Aber das ist eigentlich völlig unerheblich. Fakt ist, dass wir von derselben Sache sprechen, sie aber einfach nur anders interpretieren.

Der eine würdigt, was er hat, der andere beklagt, was er nicht hat.

Es gibt aber eine dritten Weg, die Dinge zu betrachten. Nämlich einfach als das, was sie sind, ohne jede Wertung, Einordnung vorzunehmen.

Schaue ich mir zum Beispiel meinen Hund an, erübrigt sich die Frage, ob er ein Optimist oder Pessimist ist. Er zerbricht sich über solche Dinge überhaupt keinen Kopf. Er nimmt die Dinge einfach so wie sie sind, ohne jedes Werturteil.

Deswegen plädiere ich für einen wertfreien, möglichst vorbehaltlosen Blick auf die Dinge.

Es ist doch völlig irrelevant und unerheblich, ob etwas gut oder schlecht, richtig oder falsch, rechts oder links, groß oder klein ist. Das sind im wahrsten Sinne des Wortes völlig relative, biegsame Kriterien, die allein von der Sicht des Betrachters abhängen.

Mancher ist so ängstlich, der sieht immer und überall Gewitterwolken aufziehen.

Andere sind unbekümmert wie ein kleines Kind und staksen einfach drauf los, egal was da komme. Und egal, was da komme: „Ich werde es schon irgendwie wuppen!“

(Übrigens eine sehr typische, brasilianische Grundhaltung. Unbekümmert.)

Und so schließt sich wieder der Kreis.

Denn wenn ich grundsätzlich mit einer positiven, optimistischen Haltung an das Leben und seine Herausforderungen herangehe, dann stehen die Chancen definitiv besser, dass ich die Probleme schon irgendwie lösen werde. Und wenn es schief geht, habe ich es wenigstens probiert. Probieren geht ja bekanntlich über Studieren!

Die Anderen, die Ängstlichen, die Pessimisten, fürchten immer wie die Gallier, dass ihnen eines Tages der Himmel auf den Kopf fallen wird. Vor lauter Angst trauen sie sich eigentlich nicht einmal vor die eigene Haustür, obwohl sie auch im Haus von Ängsten verfolgt werden, schließlich könnte es ja ein Erdbeben geben…

Es macht also schon einen Unterschied, mit welcher Attitüde, welcher Grundhaltung ich an das Leben herantrete.

Am Ende sind Optimismus und Pessimismus nur zwei Seiten derselben Medaille: man kann die Dinge sowohl von der einen Seite wie von der anderen betrachten.

Und sicher ist es gut, dass der Pessimist den Finger in die Wunde legt und sagt, wo die Risiken liegen. Man kann sich so besser auf alle Eventualitäten vorbereiten.

Und genauso ist es gut, dass es den Optimisten gibt, der sagt: „Scheiß drauf! Ich will’s einfach wissen und gehe einfach mal drauf los und springe ins kalte Wasser!“

Niemand kann dir exakt die Zukunft vorhersagen, so sehr wir uns auch nach solchen Propheten und Vorhersagern sehnen.

Das Leben selbst ist der Lehrmeister. Es wird dir schon zeigen, ob der eingeschlagene Weg zum Ziel führt. Wenn ja, bestens. Wenn nicht: Ändere die Strategie oder schlag eine andere Richtung ein. Trial and Error.

Jeder ist seines Glückes Schmied. Jeder ist für sein eigenes Verhalten selbst verantwortlich, jeder trägt am Ende eh alleine die Konsequenzen seines Tuns, seines Handelns.

Das Leben ist eine Abfolge der Prioritäten, die wir uns im Laufe der Zeit gesetzt haben. Rückblickend weißt Du dann, wer du bist, wer du warst. Und was du damit erreicht hast.

Dabei geht es mir gar nicht um materiell Erreichtes. Das ist auch wichtig, schließlich müssen wir ja unsere Existenz sichern. Aber mir zum Beispiel genügt es, das erreicht zu haben, was ich erreichen wollte. Man kann sich auch bescheidene Ziele setzen. Man muss nicht der reichste oder mächtigste oder schönste Mensch der Welt sein. Das sind im Grunde völlig irrelevante Kriterien.

Entscheidend ist, ob du einen positiven Fussabdruck hinterlassen hast, die Menschheit, das Menschsein als solche/s qualitativ nach vorne gebracht hast, oder wenigstens dein eigenes Umfeld. Der etwas hinterlässt, von dem auch künftige Generationen und unser Planet als solcher profitieren können. (Positive Wertschöpfung, mit möglichst positiver Ressourcenbilanz!)

Wenn man sein ureigenes Denken, Reden und Handeln an diesem Prinzip ausrichtet, dann kann eigentlich nichts schief gehen.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Und wenn alle sich auf das Richtige und Notwendige konzentrieren, um konkrete Probleme zu lösen, dann kann  man das tun. Ohne jede Ideologie, ohne jeden Streit.

Dafür gibt es eine klare Losung:

Gemeinsam. Together. Juntos.

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