Nur noch 99 Tage bis zum Konföderationen-Pokal in Brasilien

Die Zeit rennt. Jetzt sind es nur noch 99 Tage, bis der Confederations Cup, die Generalprobe für die FIFA Fussball-WM 2014 in Brasilien beginnt. Und ich habe nicht den Eindruck, dass Brasilien wirklich gut darauf vorbereitet wäre.

Anlässlich der gestrigen 100-Tage-Marke hatte FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke dem Land wieder mal eine Visite abgestattet und drei der sechs Austragungsorte besucht, die zugleich Austragungsorte der WM im nächsten Jahr sind: Recife, Belo Horizonte und Rio de Janeiro.

Valcke übte sich in Zweckoptimismus und erklärte, er habe volles Vertrauen in die Regierung und das Organisationskomitee, dass Brasilien seinen Verpflichtungen nachkommen werde. Andererseits merkte er auch an, es gebe keinen Plan B, sollte irgend eines der sechs Stadien nicht rechtzeitig fertig werden.

Der 15. April war zuletzt als absolute Deadline für die Übergabe der Stadien festgelegt worden. Schließlich müssen vor Anpfiff des internationalen Sportevents in allen sechs Confed-Stadien wenigstens zwei Test-Veranstaltungen stattfinden, um die Abläufe zu proben.

Doch schon jetzt ist klar, dass ausgerechnet und unerwartet Rio de Janeiro das total renovierte Maracanã-Stadion nicht zum vereinbarten Termin wird übergeben können. Dort soll das Finale der Mini-WM sowie zwei weitere Spiele ausgetragen werden.

Das Stadion werde nun erst 12 Tage später schlüsselfertig sein, erklärte der Gouverneur des Bundesstaates Rio de Janeiro, Sérgio Cabral.

Als ich diese Woche in den brasilianischen Hauptnachrichten aktuelle Bilder der Baustelle sah, war ich regelrecht erschrocken. Die ganze Dachkonstruktion besteht nur aus einem Gerippe. Heftige Regenfälle haben die Arbeiten noch zusätzlich verzögert.

Bisher sind nur die Stadien in Fortaleza (Castelão) und Belo Horizonte (Mineirão) fertig, das Fonte Nova in Salvador ist so gut wie fertig (95%), sollte eigentlich seit Ende Februar übergeben sein, jetzt ist der 7. April terminiert.

Neben Rio müssen sich noch Brasília und Recife sputen (Letzteres war ohnehin schon länger ein Wackelkandidat und schaffte es nur mit Ach und Krach und viel Überredungskunst brasilianischer Funktionäre und Politiker, nicht aus dem Tournier ausgeschlossen zu werden).

Die Bauarbeiten in Brasília (Mané Garrincha) stehen unter besonderer Aufsicht, nachdem der Rechnungshof dort erhebliche Unregelmäßigkeiten bei den Kosten aufgedeckt hat. Die sind dort ohnehin völlig aus dem Ruder gelaufen. Das ist umso ärgerlicher, als das Stadion als „weißer Elefant“ gilt: Nach der WM wird es nach Ansicht mancher Kritiker wie Ex-Weltfussballer Romário mangels nennenswerter Fussball-Clubs in der Regierungsstadt mit seiner Größe kaum Verwendung finden.

Viele hochtrabenden Infrastrukturprojekte für die WM wurden beerdigt, weil sie in der verbliebenen Zeit nicht mehr zu realisieren sind, auch wenn bemerkenswerterweise wichtige Baustellen in Brasilien Tag und Nacht, rund um die Uhr, in Betrieb sind.

Auch bei der Telekommunikation hakt es gewaltig. Das erfahre ich persönlich tagtäglich bei der Handynutzung: Selbst in einer Großstadt wie Belo Horizonte habe ich oft ein schwaches Netz, die Internetverbindung ist so schlecht, dass es ewig dauert, bis neue Emails geladen sind. Trotz des schlechten Services sind die Preise happig. Darüber hinaus wird man bei den extrem verbreiteten Prepaid-Karten von den Betreibern auch noch regelrecht beklaut: Obwohl man weder telefoniert noch sonst irgend welche Dienste aktiviert hat, schrumpft der im Voraus bezahlte Kredit wie von Geisterhand. Telefonate im Netz des eigenen Betreibers sowie aufs Festnetz sind noch verhältnismäßig günstig. Ruft man aber mal kurz jemanden an, der Kunde eines anderen Mobilfunkbetreibers ist, ist der Kredit im Nu aufgebraucht. Unverschämt!

Das für Kommunikation zuständige Ministerium hat vor wenigen Tagen erklärt, dass 10.000 neue Antennen in den 12 WM-Städten nötig wären, um die notwendige Netzqualität herzustellen. Doch es wird praktisch ausgeschlossen, diese Anzahl bis zur WM aufstellen zu können angesichts der komplexen Genehmigungsverfahren.

Auch bei den Fremdsprachenkenntnissen hat sich nach meinem subjektiven Eindruck nichts verbessert. Selbst Menschen, die im Tourismusgewerbe arbeiten oder aufgrund ihres Berufes als erstes Kontakt mit ausländischen Touristen haben werden, können kein oder nur gebrochen Englisch.

Ich weiß nicht, wie die Brasilianer sich das vorstellen. Sie denken halt, wird schon irgendwie werden (sempre tem um jeito), redet man halt mit Hand und Fuß.

Komischerweise sind viele Brasilianer nach meiner Beobachtung oft so vor den Kopf gestoßen, wenn sie mit Ausländern in Kontakt kommen, dass sie nicht einmal Spanisch verstehen, eine Sprache, die dem Portugiesischen noch am nächsten ist und hier sicher noch die beste Kommunikationsbasis abseits des Portugiesischen ist.

Ich kann nur jedem Brasilien-Reisenden und WM-Touristen empfehlen, sich vorher ein paar Basics in brasilianischem Portugiesisch anzutrainieren und einen Sprachführer mitzunehmen. Portugiesisch ist im Übrigen gar nicht schwer, umso weniger, wenn man andere lateinische Sprachen kennt.

Es lohnt die Mühe. Denn Brasilianer sind extrem kommunikativ und erzählen sich mit allergrößtem Vergnügen die neusten Geschichten, Vorkommnisse sowie Klatsch und Tratsch (fofoca). Wer hier außen vor bleibt, verpasst eine ganze Menge und wird Brasilien und die Brasilianer in ihrer Einzigartigkeit nicht verstehen, nicht begreifen.

Confed Cup 2013: Gruppen, Spiele, Austragungsorte

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