Euro-Land am Scheideweg


Beim Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel wollte Frankreichs neuer Präsident Hollande erklärtermaßen bis zum Äußersten gehen, sich keine Denkverbote auferlegen und das Tabu-Thema Euro-Bonds auf den Tisch legen. Doch wenn man wirklich bis zum Äußersten gehen wollte, dann müsste man über eine Spaltung der Euro-Zone debattieren.

Euro-Bonds sind zurecht umstritten. Denn sie führen dazu, dass sich alle Euro-Länder zu den gleichen Konditionen Geld leihen können, ungeachtet ihrer jeweiligen Wirtschaftskraft und Bonität. Das würde dazu führen, dass Deutschland deutlich höhere Zinsen für seine Kredite zahlen müsste als heute und schwächere Länder wie Griechenland oder Spanien deutlich günstiger ans Geld kämen. Am Ende würden alle Euro-Staaten gemeinsam für die Schulden aller haften.

Deutschland in Gestalt von Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble will das nicht. Denn sie fürchten, dass diejenigen Länder, die ohnehin schon wenig Finanzdisziplin walten lassen, dann noch weniger Anlass haben, sich anzustrengen – die anderen haften ja schließlich mit.

Angela Merkel beruft sich auf geltende EU-Verträge, die eine solche Haftungsgemeinschaft ausschließen.

Eben darin liegt aber die Lebenslüge der Gemeinschaftswährung. Denn wenn man die Geschichte der Wirtschafts- und Währungsreform Revue passieren lässt und sie konsequent zu Ende denkt, dann sind Euro-Bonds die logische Folge.

Die gegenwärtige Schulden- und Euro-Krise straft all jene Lügen, die den Bürgern – vielleicht auch wider besseren Wissens – weismachen wollten, eine gemeinsame Haftung für die Schulden einzelner Mitglieder sei ausgeschlossen.

Denn diese gemeinsame Haftung ist Fakt – schließlich tun EZB und EU mit ihren Rettungsschirmen und Milliardenhilfen derzeit ja nichts anderes, als das derzeit größte Sorgenkind Griechenland am Euro-Leben zu halten um die Gemeinschaftswährung zu retten.

Doch dieses Griechenland erweist sich als Faß ohne Boden und zeigt sich auch noch renitent gegenüber den Rettern.

Es könnte Deutschland unterm Strich billiger kommen, höhere Zinsen für Kredite zu zahlen, als weiter Garantien für griechische Staatsanleihen zu geben, die vermutlich ohnehin nie zurückbezahlt werden.

Dank der guten Bonität, die Deutschland in die gemeinsame Waagschale werfen würde, wäre der Zinsaufschlag vielleicht gar nicht so dramatisch. Andere Länder müssen und können schließlich auch mit höheren Zinsen leben.

Im Gegenzug könnte ja ein starkes Regime auf EU-Ebene eingerichtet werden, das eine scharfe Kontrolle über die Haushalte der Euro-Länder ausüben darf mit entsprechenden Zugangs- und Eingriffsrechten, an deren Ende auch die Möglichkeit eines Rauswurfs aus der Euro-Zone stünde.

Ich bin kein Freund von Euro-Bonds, doch sie sind die logische Konsequenz einer Währungsunion, die sich als Solidargemeinschaft versteht und zwangsläufig ist, weil das Fehlverhalten Einzelner Folgen für alle anderen hat.

Dabei sind Euro-Bonds nicht einmal das Äußerste, worüber sich nachdenken lässt. Diese Idee bleibt eigentlich auf halbem Wege stehen.

Man könnte Frankreichs zum Äußersten bereiten Präsidenten François Hollande ja mal fragen, ob er die Idee der Euro-Bonds auch dann noch gut fände, wenn Deutschland seine Teilnahme verweigern würde. Die Antwort hiesse mit Sicherheit Nein.

Die gegenwärtige Schuldenkrise belegt, dass die Währungsunion in ihrer jetzigen Form über schwere Geburtsfehler verfügt. Allein die Tatsache, dass Deutschland gerade zweijährige Staatsanleihen zum Nulltarif platzieren konnte während andere Euro-Länder wie Spanien und Italien (von Griechenland ganz zu schweigen…) dafür erheblich tiefer in die Tasche greifen müssen, zeigt, dass es ein Fehler war, Volkswirtschaften währungspolitisch über einen Kamm zu scheren, die in ihrer Wirtschaftskraft und Bonität weit auseinanderliegen.

Es wird daher Zeit, eine Idee aus der Mottenkiste zu holen, die einst (1994) kein Geringerer als unser jetziger Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vertreten hatte: Die Idee von einem „Europa der zwei Geschwindigkeiten„.

Monsieur Hollande kann sich ja gerne mit den Südländern verbünden und gemeinsame Bonds herausgeben, ob sie nun auf Euro lauten oder auf eine neu zu schaffende Gemeinschaftswährung. Deutschland könnte sich alldieweil mit den skandinavischen Ländern, der Schweiz und Österreich verbünden und einen starken Euro weiterführen bzw. eine neue gemeinsame Währung einführen.

Es gäbe dann also zwei Währungsgebiete in Europa, wobei die eine Währung schwächer und die andere stärker bewertet wäre. Gewissermaßen erste und zweite Liga, wobei es Auf- und Abstiegsmöglichkeiten geben sollte.

Die schwächeren Länder wären vom Ehrgeiz getrieben, in die erste Liga aufzusteigen, die starken Länder von der Angst, in die zweite abzusteigen.

Eins ist jedenfalls sicher: So, wie es jetzt läuft, geht es nicht weiter. Die Zeit ist gekommen, einen klaren Schnitt zu machen und historische Entscheidungen zu treffen.

Euro-Land am Scheideweg

Ist Euro-Land bald abgebrannt?

 

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