Brasilien auf der ITB: Interview mit Embratur-Vizechefin Kátia Bitencourt

Gestern hat die internationale Tourismusmesse ITB in Berlin begonnen. Auch WM-Gastgeber Brasilien ist dort präsent und ich bekam das Angebot, die Vize-Präsidentin der staatlichen Tourismusorganisation Embratur, Kátia Cristina Alves Bitencourt, zu interviewen, was ich gerne annahm.

Vor zwei Jahren hatte ich auf der ITB den damaligen Direktor für internationale Märkte, Marcelo Pedroso, interviewt. Damals war die Einladung an Brasilien gegangen, anlässlich der WM 2014 in diesem Jahr Gastland der ITB zu sein. Nun ist es aber Mexiko geworden. Wieso, war meine erste Frage an Kátia Bitencourt.

Kátia Bitencourt: Wir haben entschieden, unsere Strategie zu ändern und haben eine Serie anderer Aktionen gestartet, nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, die an der WM teilnehmen.

parabens.de: 98 Tage sind es noch bis zur WM. Wie groß ist die Anspannung?

Kátia Bitencourt: Die Anspannung und die Erwartung ist sehr groß, aber das Vertrauen auch, dass wir eine großartige WM haben werden. Brasilien befindet sich in den letzten Vorbereitungen, um die vielen Touristen zu empfangen, die in unser Land kommen werden. Es werden 600.000 ausländische Touristen erwartet, um ihre Nationalmannschaften zu begleiten. Und für uns ist es ein Grund stolz zu sein, ein solches Event zu organisieren. Wir sind sicher, dass die Ausländer, die uns besuchen werden, sehr zufrieden sein werden. Denn Brasilien ist wirklich sensationell und überrascht den Besucher, der es noch nicht kennt. Die WM ist eine einzigartige Möglichkeit, den Ausländern unbekanntere touristische Ziele zu zeigen. Rio, Salvador und die Wasserfälle von Iguaçu sind ja gemeinhin bekannt, aber die anderen WM-Spielorte sind auch sehr interessant, verfügen über eine sehr gute touristische Infrastruktur und werden durch die WM an Bekanntheit gewinnen. Die Erwartung ist, dass die Touristen, die zur WM nach Brasilien kommen, dann in ihre Länder zurückkehren und ihren Freunden und der Familie von ihren Erlebnissen erzählen.

parabens.de: Was sind die größten Herausforderungen? Es ist ja kein Geheimnis, dass viele Arbeiten noch nicht fertig sind und der Zeitplan sehr eng ist.

Kátia Bitencourt: Nun, das ist bei Events dieser Größenordnung doch normal, dass es auch zu Verzögerungen kommt. Aber wir sind sicher, dass alles fertig sein wird, alles, was an Infrastruktur nötig ist, um die WM durchführen zu können, um die Besucher zu empfangen, Brasilianer wie Ausländer. Bis zur WM wird alles fertig sein und sie wird ein großer Erfolg werden.

parabens.de: Läuft Brasilien nicht Gefahr, die Gelegenheit zu verspielen, sich als entwickeltes Land zu präsentieren bzw. hat es sie nicht bereits verspielt, wenn man die Verzögerungen bei den Stadienbauten und Infrastrukturmaßnahmen sieht oder die überzogenen Hotelpreise. Und wie steht es um die Sicherheit, nachdem es beim Confed Cup im vergangenen Jahr doch zu vielen Ausschreitungen gekommen ist? Wird diese WM ein Erfolg oder nicht eher ein großer Misserfolg?

Kátia Bitencourt: Die Regierung hat vollstes Vertrauen, dass die WM ein großer Erfolg wird. Die getätigten Investitionen sowohl von öffentlicher wie privater Hand sind von Dauer. Bis heute wurden umgerechnet etwa acht Milliarden Euro in die Infrastruktur investiert, veranlasst durch die WM, aber sie bleibt danach für die Bevölkerung erhalten. Brasilien ist ein demokratisches Land und es ist normal, dass Forderungen diskutiert und auf die Straße getragen werden. Die Regierung und die Präsidentin haben diese Forderungen aufgegriffen, um Lösungen dafür zu finden. Wir sind überzeugt, dass die Anstrengungen von Bundesregierung, den Bundesstaaten und den Städten gut angenommen werden. Was die Demonstrationen während des Konföderationen Pokals angeht: Obwohl sie während des großen Sportevents stattfanden, wurde der Confed Cup ein großer Erfolg, erzielte Rekordzuschauerzahlen in aller Welt. Und die Besucher, die zu der Zeit in Brasilien waren, schafften es, die Spiele in den Stadien ohne große Störungen zu sehen. Eine von Embratur in Auftrag gegebene Umfrage unter ausländischen Besuchern hat während des Confed Cups und kurz nach dem Finale ergeben, dass 90 Prozent der Befragten Interesse zeigten, zur WM wiederzukommen. Sie waren sehr zufrieden mit ihrem Aufenthalt. Und genau so wird es auch bei der WM im Juni und Juli sein.

parabens.de: Um nochmal auf die Preistreiberei bei den Hotels zu sprechen zu kommen: Selbst Embratur hat sich schon darüber beklagt. Wie wird man das Problem lösen?

Kátia Bitencourt: Bei weltweit bedeutenden Events ist es normal, dass es zu Preistreiberei kommt. Und bei Events wie Silvester, Karneval oder Weltmeisterschaften generell gibt es Preiserhöhungen. Das Bestreben von Embratur ist es, dass die Preise einen akzeptablen Mittelwert erreichen und mit dem Service im Einklang stehen, der dem Besucher geboten wird. Wir verfolgen die Entwicklung der Preise sehr aufmerksam, treffen uns mit Vertretern der Hotellerie um uns auf angemessene Preise zu verständigen. Wir machen das zusammen mit dem Sekretariat für Verbraucherschutz. Denn unser Anspruch ist, einen guten Service zu einem wettbewerbsgerechten Preis anzubieten. Abgesehen davon hat der Tourismussektor in den WM-Städten auch alternative Übernachtungsmöglichkeiten entwickelt, wie Kurzzeitvermietungen, Hostels oder „cama e café“ (Bed & Breakfast in Privatunterkünften), was eine Neuigkeit in Brasilien ist. Städte wie Rio arbeiten schon mit dieser Art von Unterkunft sowie andere Städte auch. In Brasília wurde das Projekt im vergangenen Jahr gestartet und kann schon 40 Reservierungen vorweisen. Das sind alternative Angebote die dazu beitragen, dass sich die Preise auf einem akzeptablen Niveau einpendeln.

parabens.de: Diese Alternativangebote kommen doch reichlich spät. Nur in Rio und Brasília gibt es das schon, aber es sind weniger als 100 Tage bis zur WM und die Leute wollen doch jetzt schon buchen.

Kátia Bitencourt: Wir haben die Mittel, sowohl auf traditionellem wie auf alternativem Wege, um die Touristen über die vielseitigen Angebote zu informieren. So hat Brasilien ein riesiges Angebot an Immobilien, die für einen Zeitraum gemietet werden können. Über die sozialen Medien und das Internet gibt es eine weite Verbreitung dieser alternativen Angebote, ebenso über die Reiseveranstalter und Reisebüros in aller Welt, mit denen wir zusammenarbeiten, die ihrer Kundschaft alternative Angebote machen können.

parabens.de: Haben Sie eine Empfehlung, welcher Ort besonders geeignet wäre, um die WM zu erleben?

Kátia Bitencourt: Unsere große Gelegenheit mit der WM in zwölf Austragungsorten ist, dass der Tourist, welche Stadt er auch immer aufsucht, sehr überrascht sein wird über die Vielseitigkeit und kulturelle Eigenheit jeder Region. Der Tourist, der die Möglichkeit hat – die wir uns natürlich wünschen würden – mehrere WM-Austragungsorte zu besuchen oder der sich für eine WM-Stadt entscheidet, aber auch das Umland besucht, der wird mit Sicherheit überwältigt sein und die Absicht haben, in den nächsten Jahren wiederzukommen, um weitere Ziele kennenzulernen.

parabens.de: Wer wird die WM gewinnen?

Kátia Bitencourt: Wir fiebern natürlich mit Brasilien mit aber Drücken auch allen anderen Nationalmannschaften die Daumen. Wir glauben, dass es für alle ein großer Erfolg wird und dass alle glücklich sein werden mit der WM in Brasilien.

parabens.de: Und sollte Brasilien schon eher ausscheiden – wird es dann nicht eine unglaubliche Trauer an den letzten Tagen der WM geben?

Kátia Bitencourt: Wir werden glücklich sein über die Gelegenheit, Gastgeber dieser WM zu sein. Brasilien ist bekannt für seine Gastfreundschaft und unabhängig vom Ergebnis sind alle Mannschaften herzlich willkommen.

parabens.de: Abgemacht. Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview habe ich auf Portugiesisch geführt und mit der Videokamera aufgezeichnet. Hier ist der Zusammenschnitt:

Weniger als 100 Tage bis zur WM 2014 in Brasilien

Brasilien auf der ITB 2012: Interview mit Top-Manager Marcelo Pedroso

2 Gedanken zu „Brasilien auf der ITB: Interview mit Embratur-Vizechefin Kátia Bitencourt“

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