Brasilianer verspeisen die Krabben aus Kamerun

Das dritte Gruppenspiel der brasilianischen Seleção bei der WM 2014 in Brasilien ist zum Befreiungsschlag geworden. Mit ihrem bestens aufgelegten Super-Hero Neymar Jr. bezwangen die Brasilianer die Unbezähmbaren Löwen aus Kamerun mit einem klaren und eindeutigen 4:1. Brasilien ist endlich in der WM 2014 angekommen und genoss die Krabben als Nachspeise. Die Party kann beginnen.

Wieso Krabben? Weil Krabben/Garnelen auf Portugiesisch camarões (sprich: kammaróis) heisst, was zugleich auch das Land Kamerun bezeichnet, also: camarões = Krabben = Kamerun.

Noch besser hätte es gepasst, wenn dieses Match mit Endspielcharakter im WM-Austragungsort Natal stattgefunden hätte, seines Zeichens die brasilianische Hauptstadt der „Krabbenesser“ und größter Produzent der beliebten Krebse.

Statt dessen fand das Spiel im Mané Garrincha von Brasília statt, der Hauptstadt des Riesenlandes. Diese futuristische Regierungsstadt wurde Ende der 1950er Jahre innerhalb von nur drei Jahren (!) fernab aller Metropolen im Niemandsland errichtet und trägt die Handschrift von Brasiliens berühmtestem Architekten Oscar Niemeyer (1907 – 2012).

Bei den Massenprotesten während des Confed Cups im vergangenen Jahr war Brasília neben São Paulo und Rio de Janeiro einer der Hot Spots des Widerstands und der Revolte.

Für die brasilianische Mannschaft ging es um viel in diesem letzten Gruppenspiel. Sie brauchte mindestens ein Unentschieden, um sicher in die Finalrunde zu kommen. Denn parallel fand das nicht minder spannende zweite Spiel der Gruppe A zwischen Mexiko und Kroatien statt. Die Kroaten brauchten unbedingt einen Sieg gegen die mexikanischen Malocher, um noch in die Endrunde zu kommen (verloren am Ende aber mit 1:3).

Es war also noch alles offen bis auf die Tatsache, dass der Gruppenerste im Achtelfinale auf Chile treffen würde (Samstag, 28.06. um 18 Uhr MESZ in Belo Horizonte) und der Gruppenzweite auf die Niederlande (Sonntag, 29.06. um 18 Uhr MESZ in Fortaleza).

Die Seleção stand unter enormem Druck: Nach zwei wenig mitreissenden Gruppenspielen gegen Kroatien und Mexiko und angesichts der Pflicht, Weltmeister im eigenen Land werden zu müssen, musste sie nun endlich mal zeigen, was sie drauf hat. Auch, um das mit WM und FIFA hadernde und gespaltene Volk mitzureissen und hinter sich zu vereinen.

Das dürfte ihr im Großen und Ganzen gelungen sein. Schon das gemeinsame Weitersingen der brasilianischen Nationalhymne nach verstummtem FIFA-Playback im nahezu ausverkauften und kanariengelb dominierten Stadion war ein Manifest (für Brasilien und gegen die FIFA) und erzeugte Gänsehautfeeling.

Allen vorangegangenen Manipulationsverdächtigungen gegenüber den Unbezähmbaren Löwen und ihren vorangegangenen Disziplinlosigkeiten zum Trotz zeigten die Kameruner unter Volker Finke „Eier“ und warfen alles in die Waagschale, was sie aufzubieten hatten.

Doch nach 16 Minuten sorgte Luiz Gustavo mit seinem exzellenten Pass zu Neymar für den ersten Führungstreffer.

Neymar markierte damit das 100. Tor in diesem torreichen Turnier!

Es dauerte jedoch nicht lange, und Joel Matip schaffte für Kamerun den Ausgleich. Die Seleção wirkte für eine kurze Weile verunsichert, bis Superstar Neymar in der 35. Minute die erneute Führung erzwang.

Nun war kein Halten mehr. Nach der Halbzeitpause flankte Marcelo (er hatte mit dem Eigentor im Eröffnungsspiel gegen Kroatien das erste Tor der WM 2014 erzielt) zum bis dahin stark kritisierten Fred, und der köpfte in der 49. Minute zum 3:1.

In der 84. Minute schoss der eingewechselte Fernandinho den Treffer zum 4:1 Endstand.

Der 22-jährige Neymar wurde zum Man of the Match gekürt und führt nun mit insgesamt vier Toren die Torjägerliste der WM 2014 an:

Das Netz quoll über mit Elogen auf den brasilianischen Superstar, der seit einem Jahr neben dem Argentinier Messi für den FC Barcelona stürmt.

Das berühmte brasilianische Sertaneja-Duo Thiago & Júnior postete seinen Song Neymar na Balada (Neymar auf der Party) zu Ehren des Cracks:

Und Neymar selbst bedankte sich bescheiden via Instagram mit einem Video, auf dem er Tore ohne Gegner erzielt und schrieb:

Meine Tore hätten nicht den geringsten Wert ohne meine Gegner. Deswegen respektiere ich jeden Einzelnen von ihnen. Außerhalb des Platzes ist es genau dasselbe. Das Leben ist ein ständiger Kampf und unsere Gegner sind da um unsere Siege noch größer zu machen. Kämpfe, streite, aber spiele sauber. #FriedeAufDem PlatzUndImLeben.

Nun stehen im Achtelfinale also die Chilenen an. Und Brasiliens Nationaltrainer Felipe Scolari macht keinen Hehl daraus, dass er sich lieber einen anderen Gegner gewünscht hätte.

Die Chilenen haben spätestens bei ihrem Sturm auf’s Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro und ihrem 2:0-Sieg gegen den nunmehr ausgeschiedenen Noch-Weltmeister Spanien gezeigt, wozu sie fähig sind.

Ein Ausscheiden des Gastgebers im Achtelfinale ist nicht ausgeschlossen und schon das Anstimmen der jeweiligen Nationalhymnen wird für Gänsehaut pur sorgen. Denn die Chilenen machen es den Brasilianern gleich und singen einfach weiter, wenn das FIFA-Playback verstummt ist…

Nach dem gestrigen Spiel gegen Kamerun weiß die Seleção nun immerhin die eigenen Fans geschlossen hinter sich.

Was für eine WM!

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Eigentor für Brasilien

2 Gedanken zu „Brasilianer verspeisen die Krabben aus Kamerun“

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